Ostmitteldeutsch

  1. In der modernen Dialektologie die östlichen mitteldeutschen Dialekte (Dialekt, Mitteldeutsch), bestehend aus dem Thüringischen, Obersächsischen, Lausitzisch-Märkischen und den weitgehend historischen Dialekten Schlesisch, Böhmisch, Nordmährisch und Hochpreußisch.

  2. In der Sprachgeschichtsforschung eine sich im Spätmittelalter herausbildende Ausgleichsvarietät. Besonders Th. Frings benutzte den Begriff O. im Sinne einer primär mündlichen „kolonialen Ausgleichssprache“, die durch Siedlermischung seit dem 12. Jh. entstanden sei, in seinem Erklärungsmodell zur Herausbildung des Neuhochdeutschen ( Neuhochdeutsch). (Vgl. Frings 1956, 11ff.) In Bezug auf die Kanzleisprache wird häufig der Begriff Wettinische Kanzleisprache oder -schreibe und seit dem 16. Jh. Meißnisches Deutsch für die regionale Ausgleichssprache des omd. Raumes gebraucht. W. Besch führt jedoch aus, dass unsere neuhochdeutsche Schriftsprache nicht das Werk einer von Anfang an dafür prädestinierten Sprachlandschaft sei, sondern in der Grundlegung eine ostmitteldeutsch-ostoberdeutsche Schreiballianz(vgl. Besch 1996, 93), deren Erbe Martin Luther viel zu deren Verbreitung durch seine Reformationsschriften und Bibelübersetzung im 16. Jh. beigetragen hat (vgl. Besch 2014, 131). Das Ostmitteldeutsche blieb bis ins 18. Jh. eine als vorbildlich empfundene Sprachform.

Lit.: Besch, W., Die Entstehung der neuhochdeutschen Schriftsprache. Die Rolle Luthers. In: Wolf, H. (Hrsg.), Luthers Deutsch. Sprachliche Leistung und Wirkung. 1996, 91-108. Besch, W., Die Rolle Luthers für die deutsche Sprachgeschichte. In: Besch, W./Betten, A./Reichmann, O./Sonderegger, St. (Hrsg.), Sprachgeschichte. Ein Handbuch zur Geschichte der deutschen Sprache und ihrer Erforschung. 2., vollständig neu bearb. u. erw. Aufl., 2000, 1713-1745. Besch, W., Luther und die deutsche Sprache. 500 Jahre deutsche Sprachgeschichte im Lichte der neueren Forschung. 2014. Mattheier, K.J., Siedlung oder Bildung? Überlegungen zu zwei Prinzipien im Prozeß der Entstehung des Neuhochdeutschen. In: Hoffmann, W./Macha, J./Mattheier, K.J./Solms, H.-J./Wegera, K.-P. (Hrsg.), Das Frühneuhochdeutsche als sprachgeschichtliche Epoche: Werner Besch zum 70. Geburtstag. 1999, 135-146. Polenz, P. von, Deutsche Sprachgeschichte vom Spätmittelalter bis zur Gegenwart. Bd. 1. 1991. Wiesinger, P., Die Einteilung der deutschen Dialekte. In: Besch, W./Knoop, U./Putschke, W./Wiegand, H.E. (Hrsg.), Dialektologie. Ein Handbuch zur deutschen und allgemeinen Dialektforschung. 1983, 826-829. SL

Letzte Änderung: 14.02.2019 - Ansprechpartner: Webmaster