Kausaltheorie

09.01.2017 -  

[engl. causal theory, frz. théorie causale, russ. каузальная теория референции]

1. In der Sprachphilosophie die kausale Theorie der Eigennamen ( Eigenname) nach S.A. Kripke. Im Vordergrund der Referenztheorie steht die Frage, wie wir uns zum Zweck der sprachlichen Verständigung gemeinsam auf ein Gegenständliches beziehen können (vgl. Prechtl 1999, 207). Gefragt wird nach der Beziehung zwischen Zeichen und Bezeichnetem ( Bezeichnetes). In Naming and Necessity (1972) beschreibt Kripke, dass Eigennamen jeweils nur für einen bestimmten Gegenstand stehen, jedoch selbst keinen darüber hinausgehenden „Sinn“ im Sinne Freges ( Sinn (1)) haben (vgl. ebd., 215; Runggaldier, 246f.), und dass der Bezug eines Namens in einem Akt der ursprünglichen Benennung bestimmt wird (Modell des Taufaktes). Mittels Namen werde nicht auf notwendige Eigenschaften Bezug genommen, sondern Eigennamen (Gattungsbezeichnungen eingeschlossen) werden als starre Bezeichnungsausdrücke („starre Designatoren“, „rigid designators“) definiert, die es ermöglichen, denselben Gegenstand in allen möglichen Welten oder kontrafaktischen Situationen zu bezeichnen (vgl. Kripke 1981, 59). „[O]bwohl jemand anderer als der Präsident der Vereinigten Staaten im Jahr 1970 der Präsident der Vereinigten Staaten im Jahr 1970 hätte sein können (zum Beispiel hätte Humphrey der Präsident sein können), hätte niemand anderer als Nixon Nixon sein können.“ (Ebd., 59) Für Kripke steht der Name Nixon unabhängig von der bestimmten Kennzeichnung fest. Der Bezeichnungsausdruck bezeichnet einen bestimmten Gegenstand starr, unabhängig seiner lokalen oder temporalen Existenz. Das Beispiel erweitert Kripke wie folgt: „[O]bwohl der Mann (Nixon) auch hätte nicht der Präsident sein können, ist es nicht der Fall, daß er hätte nicht Nixon sein können (obwohl es hätte sein können, daß er nicht ‚Nixon‘ genannt wurde).“ (Ebd., 60) Der deskriptive Inhalt der Kennzeichnung ist demnach nicht mit einem Namensausdruck verbunden. In einer Sprechergemeinschaft wird ein Name weitergegeben, wobei es mindestens einen Sprecher geben muss, der den Gegenstand kannte und ihm einen Namen gegeben hat: „Sagen wir, es wird jemand geboren, ein Baby; seine Eltern rufen es mit einem bestimmten Namen. Sie reden mit ihren Freunden über es. Andere Leute kommen mit ihm zusammen. Durch verschiedene Arten von Rede wird der Name von Glied zu Glied verbreitet wie durch eine Kette.“ (Ebd., 107) Es entsteht durch Übermittlung eine Kommunikationskette, die kausal auf den Namensträger selbst zurückweist (ebd., 107). Aufgrund der Kritik an Kripkes kausaler Theorie der Eigennamen wurde diese 1982 von Gareth Evans in The Causal Theory of Names erweitert: Er kritisiert Kripkes Annahme einer gleichbleibenden Referenz auf einen Bezugsgegenstand „so long as there is a causal connexion between his use at that time and the long distant conversation.“ (Evans 1983, 366) Er geht ferner davon aus, dass auch das Wissen über den Namensträger in Kausalketten tradiert wird. Der intentionale ( Intention) Bezug entstehe erst durch das Wissen über das Referenzobjekt (vgl. Prechtl 1999, 218f.). Burkhardt (1985; 2012) hat gezeigt, wie Kripkes K. mit Freges „Sinn“-Begriff zusammengeführt werden kann. 2. In der Philosophie des Geistes die kausale Theorie des Inhalts von Stampe (1977) und später Fodor (1987, 1990). Den Ausgangspunkt bildet die Annahme, dass Tatsachen in der Außenwelt den Inhalt mentaler Repräsentationen bestimmen (vgl. Beckermann 2008, 281). Laut Fodor wird die Bedeutung ( Semantik) von Ausdrücken der Sprache des Geistes durch bestimmte ihrer kausalen Relationen zur Außenwelt festgelegt, indem sie sich jeweils auf das beziehen, wodurch sie verlässlich hervorgerufen werden (vgl. Saporiti 1997, 128/131). Fodor fragt danach, wie ein Ausdruck der Sprache des Geistes (‘A‘) eine Eigenschaft der Außenwelt (A) ausdrückt, und schließt auf eine Kausalbeziehung zwischen Repräsentationen und deren Ursachen (vgl. Beckermann 2008, 374). Die erste Version der Kausaltheorie besagt: „[A] plausible sufficient condition for ‘A’s to express A is that it’s nomologically necessary that (1) every instance of A causes a token of ‘A‘; and (2) only instances of A cause tokens of ‘A.‘“ (Fodor 1993, 126) Für (1) bedenkt Fodor auch die Tatsache, dass A der Aufmerksamkeit des Individuums entgehen kann, deshalb gilt außerdem: „All instances of A’s cause ‘A’s when (i) the A’s are causally responsible for psychophysical traces to which (ii) the organism stands in a psychophysically optimal relation.“ Für (2) bedenkt Fodor ferner das Problem der Fehlrepräsentation, weshalb gilt: „[F]or (2) read: If non-A’s cause ‘A’s, then their doing so is asymmetrically dependent upon A’s causing ‘A’s.“ (Ebd., 126)

Zur Kritik an der K. Fodors vgl. etwa Schröder 2004, 152-156 und Ravenscroft 2005, 231ff.

Lit.: Beckermann, A., Analytische Einführung in die Philosophie des Geistes. 32008. Burkhardt, A., Über die seltsame Notwendigkeit von Freges 'Sinn'-Begriff für Kripkes Theorie der Eigennamen. In: Wolf, U. (Hrsg.), Eigennamen. Dokumentation einer Kontroverse. 1985, 337-366 (= suhrkamp taschenbuch wissenschaft 1057)]. Ders.: Nomen est omen? Der Eigenname und seine Bedeutung(en) aus philosophischer und linguistischer Sicht. In: Muttersprache. Vierteljahrsschrift für deutsche Sprache 122.2012, 215-232.Evans, G., The Causal Theory of Names. In: Davis, St., Causal Theories of Mind. Action, Knowledge, Memory, Perception, and Reference. 1983, 361-380. Fodor, J.A., Psychosemantics. The Problem of Meaning in the Philosophy of Mind. 1993. Kripke, S.A., Naming and Necessity. In: Harman, G./Davidson, D. (eds.), Semantics of Natural Language. 21972, 253-355. dt. Name und Notwendigkeit. 1993. Prechtl, P., Sprachphilosophie. 1999. Ravenscroft, I., Philosophie des Geistes. Eine Einführung. 2005. Runggaldier, E., Zeichen und Bezeichnetes. Sprachphilosophische Untersuchungen zum Problem der Referenz. 1985. Saporiti, K., Die Sprache des Geistes. Vergleich einer repräsentationalistischen und einer syntaktischen Theorie des Geistes. 1997. Schröder, J., Einführung in die Philosophie des Geistes. 2004. Ders., Die Sprache des Denkens. 2001. JW

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