Umlaut
Ergebnis kombinatorischen Lautwandels infolge regressiver, partieller → Assimilation. Hierbei wird ein dunkler Vokal durch nachfolgenden Nebensilbenvokal oder Halbvokal (insbesondere i oder j, – deshalb auch: → i-Umlaut –, seltener auch durch palatale Konsonanten: m, n) aufgehellt (palatalisiert, deshalb auch: → Palatal-Umlaut). Der zeitlichen Reihenfolge ihres Auftretens gemäß können → Primärumlaut und → Sekundärumlaut unterschieden werden.
Der Primärumlaut setzte bereits im Germ. (nicht im Got.) zunächst als → Allophon des kurzen /a/ ein (/a/ > /e/, vgl.ahd. gast - gesti) und breitete sich wohl von Nordwesten nach Süden mit abnehmender Intensität aus. Seit Mitte des 8. Jhs. erscheint der U. in Handschriften. (Zur graphemischen Wiedergabe vgl. u.a. Paul 1998, 61-63; Mettke 1993, 59-61.) Aufgrund bestimmter lautlicher Bedingungen unterblieb im Ahd. und And. die Umlautung (vgl. Schmidt 2013, 294) dann, wenn zwischen dem Stammvokal a und dem i oder j der Folgesilbe eine der Konsonantenverbindungen ht, hs, hh, rw, rh auftraten (ahd. nahti ‘Nächte’). Im obd. Bereich traten weitere Umlauthinderungen hinzu, bspw. wirkten die Konsonantenverbindungen l oder r + Konsonant ebenfalls als Umlauthemmung (aobd. arbi ‘Erbe’) (vgl. Schmidt 2013, 373). Generell trat der U. auch dann nicht auf, wenn das umlautbewirkende i oder j bereits geschwunden war, bevor der Assimilationsprozess einsetzen konnte. Das ist die Ursache für den Stammvokalwechsel der schwachen Verben (→ schwaches Verb) der 1. Klasse, die im Germ. mit Hilfe des jan-Suffixes gebildet wurden. Da im Präteritum der palatalisierende Vokal bereits synkopiert worden war, konnte /a/ > /e/ nur im Präsens umgelautet werden (nhd. rennen – rannte). Hierfür prägte J. Grimm den Begriff → Rückumlaut.
Der Sekundärumlaut wird – bereits im Ahd. und And. einsetzend – schriftlich erst seit dem Mhd./Mnd. ab dem 12. Jh. in Handschriften nachweisbar, jedoch deutet er sich (vgl. ahd. hûsir - hiusir) bereits um 1000 in schriftlichen Quellen an (vgl. Schmidt 2013, 72). Der Sekundärumlaut bezeichnet die Umlautung von /a/, die aus den o.g. Gründen im Ahd. und And. noch nicht eintrat und nun erfolgt, sowie die Umlautung der übrigen umlautfähigen Vokale (/a/, /u/, /o/ > /æ/, /ü/, /ö/).
U. kann seit dem Mhd./Mnd. durch Analogiebildung (nhd. Holz - Hölzer) auch dort auftreten, wo ihm ursprünglich kein Assimilationsvorgang zugrunde lag, so dass die rein artikulatorische Erscheinung U. grammatikalisiert bzw. phonemisiert wurde. Damit dient der U. im Deutschen zur Formen- und →Wortbildung, so bspw. bei der →Komparation (ahd. lang - lengiro - lengisto), der Pluralbildung (ahd. gast gesti), der Konjunktiv-II-Bildung (mhd. wir hulfen - wir hülfen) oder der →Ableitung (nhd. Spott - spöttisch) und →Movierung (nhd. Koch - Köchin).
Lit.: Paul, H., Mittelhochdeutsche Grammatik. Überarb. von P. Wiehl u. S. Grosse. 241998, 61-67. Mettke, H., Mittelhochdeutsche Grammatik. 71993. Schmidt, W., Geschichte der deutschen Sprache. Hrsg. von E. Berner u. N.R. Wolf, 112013. Schweikle, G., Germanisch-deutsche Sprachgeschichte im Überblick. 41996. UF