Kotextregel

29.09.2017 -  

[engl. cotext rule, frz. règle cotextuelle, russ.]

Von Sprachteilnehmern beherrschte bzw. zu erlernende Gebrauchsregel für ein bestimmtes Wort, die – anders als die pragmatisch ausgerichtete →Kontextregel (2) – festlegt, in welchen grammatischen und lexikalischen Umgebungen (→Kotext) das betreffende Wort verwendet werden kann. Burkhardt (1979, 145ff.) bestimmt die K. als Teil der Bedeutung bzw. des Bedeutungswissens. So gehöre zur Beherrschung des Gebrauchs von quitt die (zumindest intuitive) Kenntnis der K., dass dieses Adjektiv nicht attributiv oder adverbial *die quitten Freunde, *sie arbeiteten quitt), sondern nur prädikativ (Kunde und Käufer sind quitt) verwendet werden kann. Während etwa im Englischen und im Italienischen die Anrede mit bloßem Titel, beruflicher Stellung oder Dienstgrad (also Professor/Professore, Waiter/Cameriere, Lieutenant/Tenente) ausreicht, muss im Deutschen die K. eingehalten werden, dass entsprechende Anreden zusätzlich durch Herr oder Frau einzuleiten sind, die wiederum nicht (wie Sir/Madam oder Signore/Signora) alleinstehend als Anreden verwendet werden können. Burkhardt (1991, 2010) zeigt, wie die terminologische Unterscheidung nutzbringend bei der Beschreibung des Bedeutungswandels und in Studien zur kontrastiven Semantik angewandt werden kann.

lexikalische Bedeutung, →Semantik, →Kollokation

Lit.:Burkhardt, A., Über die Möglichkeit der Frage nach der Bedeutung. In: ZGL 7.1979, 129-150. Ders., Vom Nutzen und Nachteil der Pragmatik für die diachrone Semantik. In: Busse, D. (Hrsg.): Diachrone Semantik und Pragmatik. 1991, 7-36. Ders., Über Nebel, Studenten und Telefonbücher. Prolegomena zur Kontrastiven Semantik. In: Zhu, J./Hoberg, R. (Hrsg.), Germanistische Sprachwissenschaft und Deutschunterricht in chinesisch-deutscher Perspektive. 2010, 163-172. AB

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