Codeswitching / Code-switching

Auch: Code-Switching, Codeswitchen, Codewechsel oder Sprachwechsel. Der Prozess des Ad-hoc-Wechselns von einer Sprache/Varietät in eine oder mehrere andere Sprachen/Varietäten, wobei die beteiligten Sprachen/Varietäten selbst strukturell nicht beeinflusst werden, da beim Wechsel die strukturellen Bedingungen beachtet bzw. die grammatischen Strukturen nicht verletzt werden. Beispiel (dt.-russ): Wir haben uns getroffen nedaleko ot cjuda. (Wir haben uns getroffenunweit von hier.) Beim C. handelt es sich lediglich um eine kurzfristige Wirkung des Sprachkontaktes, eine kontextgebundene, bilinguale Kompetenz voraussetzende Aktivität innerhalb des aktuellen Sprachgebrauchs, die charakteristisch für mehrsprachige Gesellschaften oder Gruppen ist.

In der Sprachkontaktforschung ist „teilweise sehr umstritten, was unter Codeswitching zu verstehen ist“ (Riehl 2014, 21). Daher „spricht Clyne (2003, 70) auch von der „troublesome terminology around ,code-switching‘“ (ebd.). Die Ursache dafür sieht Riehl (ebd.) zum einen in der Tatsache, dass „der Begriff ursprünglich von einem Konversationsanalytiker (Gumperz 1964) eingeführt wurde und eigentlich eine Diskursstrategie bezeichnete“, und zum anderen darin, dass C. aus verschiedenen Forschungsrichtungen betrachtet wurde, was unterschiedliche Schwerpunktsetzungen zur Folge hatte.

Eine umfassende Betrachtung des Codeswitchings muss daher (1) die Aspekte der Sprachwahl sowie (2) die Abgrenzung gegenüber dem Transfer ( Entlehnung) berücksichtigen.

(1) Zu den Aspekten, die die Sprachwahl beeinflussen, gehören:

a) Funktionen und Motive sowie
b) sprachliche Bedingungen (die grammatische Seite von C.).

Hinsichtlich der (a) Funktionen und Motive unterscheidet Riehl (2014, 25) zwischen
-
funktionalem bzw. soziolinguistisch motiviertem C. und

- nicht-funktionalem bzw. psycholinguistisch motiviertem C.

Innerhalb des funktionalen Codeswitchings ist noch einmal zwischen situativem C., konversationellem C. und dem C. als Identitätsmerkmal zu unterscheiden:

Situatives C. wird durch Änderung situativer Faktoren wie den „Wechsel des Gesprächspartners, den Ort der Kommunikation und des Themas“ […] ausgelöst (Riehl 2014, 25).

Konversationelles C. hat „diskursstrategische Gründe und erzielt einen kommunikativen Effekt“ (Riehl 2014, 26) bspw. durch ein wörtliches Zitat, eine nachdrückliche Wiederholung oder eine metakommunikative Äußerung.

Die Betrachtung von C. als Identitätsmerkmal geht von der Annahme aus, dass „beim Codeswitching verschiedene soziale Identitäten der Sprecher aktiviert werden“, so dass der Wechsel zwischen „zwei Sprachen einem Wechsel zwischen einem we-code und einen they-code gleichkommt“ (Riehl 2014, 28).

Nicht-funktionales bzw. psycholinguistischmotiviertesC. ist auf „interne Prozesse der Sprachproduktion“ zurückzuführen, „geschieht […] ohne direkte Absicht des Sprechers“ und kann „durch bestimmte Auslösewörter (trigger-words) hervorgerufen werden“ (Riehl 2014, 29). Dies sind nach Riehl (ebd.), mit Bezug auf Clyne (2003, 162 ff.), in beiden Sprachen identische oder ähnlich klingende Wörter. Zu den Auslösewörtern, die den Wechsel bewirken können, gehören erstens Eigennamen, bei deren Aufzählung auch „häufig […] das Übersetzungsäquivalent der Konjunktionen und bzw. oder inder anderen Sprache realisiert wird. Beispiel (dt.-russ.): Wir haben viele Werke im Original gelesen: Tolstoij, Turgenijew i Aitmatow. Zweitens sind es sogenannte „bilinguale Homophone, in beiden Sprachen gleichlautende Wörter“ (Riehl 2014, 30) sowie drittens lexikalische Übernahmen, d.h. Entlehnungen oder Ad-hoc-Entlehnungen.

Hinsichtlich der (b) sprachlichen Bedingungen bzw. grammatischen Bestimmung von C. wird „[…] versucht festzulegen, an welcher Stelle im Satz oder innerhalb einer Phrase man von einer Sprache in die andere wechseln kann“ (Riehl 2014, 32). In der Mehrzahl erfolgt der Wechsel an der Satzgrenze oder nach einem Teilsatz, was als intersentielles C. bezeichnet wird. Beispiel (dt.-russ.): Die wussten weiter nichts, voobzce, nikawo ne snal, sto delatj. (Die wussten weiter nichts, überhaupt, niemand wusste, was zu tun ist.)

Intrasentielles C. bezeichnet dagegen den Wechsel innerhalb eines Satzes. Beispiel (dt.-russ.): I ego sef im Betrieb on im dovolen. (Und sein Chef im Betrieb, der ist mit ihm zufrieden.) (vgl. Meng/Protassova 2005, 234). Der Wechsel innerhalb eines Satzes wird in der Forschung auch als Codemixing bezeichnet (Riehl 2014, 33).

Die Sprache, die „den morphosyntaktischen Rahmen für die Äußerung“ (ebd., 34) vorgibt, ist die sog. Matrixsprache. Embedded language wird dagegen die darin „eingebettete“ Sprache genannt. Dabei gibt die Matrixsprache alle syntaktisch relevanten Elemente vor, so dass die Abfolge der eingebetteten Elemente „die Abfolge in der Matrixsprache nicht verletzen darf“ (ebd.). Beispiel (dt.-engl.): *You will die Kinder see. You will see die Kinder.

(2) In der einschlägigen Forschung ist umstritten, ob es sich bei einem Wechsel, der nur ein einzelnes Wort betrifft, auch um C. oder um eine Form der Entlehnung handelt.
Ist das anderssprachige Wort lexikalisch-semantisch sowie morpho-syntaktisch noch nicht in die Nehmersprache integriert, d.h. noch kein dort etabliertes Wort, liegt nach der Mehrzahl der Auffassungen (vgl. Riehl, 22) C. vor.
Beispiel (dt.-russ.): Er war fort. Dann kam er auf otpusk. (Er war fort. Dann kam er auf Urlaub.)Daneben wird diese Erscheinung auch als Ad-hoc-Entlehnung oder individueller Transfer bezeichnet, da das betreffende sprachliche Element in das System der anderen Sprache eingepasst wird.

 Kode→ Sprachkontakt, → Transfer

Lit.: Clyne, M., Community Languages: The Australian Experience. 1991. Ders., Dynamics of Language Contact. English and Immigrant Languages. 2003. Bechert, J./Wildgen, W., Einführung in die Sprachkontaktforschung. 1991. Birken-Silvermann, G., Code-switching in der Kommunikation italienischer Migrantenjugendlicher: Frotzelaktivitäten. In: Hinnenkamp, V./Meng, K. (Hrsg), Sprachgrenzen überspringen. Sprachliche Hybridität und Polykulturelles Selbstverständnis. 2005, 105-140. Gumperz, J. J., Hindi- Punjabi code-switching in Dehli. In: Lunt, H.G. (ed.), Proceedings of the Ninth International Congress of Linguists, Boston, MA. 1964, 1115-1124. Knospe, S., Entlehnung oder Codeswitching. Sprachmischungen mit dem Englischen im deutschen Printjournalismus. 2017. Maas, U., Sprache und Sprachen in der Migrationsgesellschaft. Die schriftkulturelle Dimension. Schriften des Instituts für Migrationsforschung und interkulturelle Studien (IMIS) der Universität Osnabrück. IMIS-SCHRIFTEN. Bd. 15. Hrsg. vom Vorstand des Instituts. 2008. Meng, K./Protassova, E., „Aussiedlerisch“. Deutsch-russische Sprachmischungen im Verständnis ihrer Sprecher. In: Hinnenkamp, V./Meng, K. (Hrsg), Sprachgrenzen überspringen. Sprachliche Hybridität und Polykulturelles Selbstverständnis. 2005, 229-266. Muysken, P., Bilingual Speech. A Typology of Code-Mixing. 2000. Nelde, P.H. (Hrsg.), Sprachkontakt und Sprachkonflikt. 1980. Riehl, C., Sprachkontaktforschung. Eine Einführung. 3. überarb. Aufl. 2014. UH 

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